Auf Pilgerwegen in Apulien


Es ist mir ja schon bewusst, dass ich mich zwar auf alten Pilgerpfanden bewege, wenn ich mit meinem „Luxusschlitten“ abseits der grossen Strassen in Apulien unterwegs bin, aber mit damaligen Wanderern habe ich nicht allzuviel gemeinsam.

Man muss nicht ausgesprochen geschichtskundig sein, um den Begriff „Kreuzzüge“ einzuordnen. Schon der erste Kreuzzug anno 1096 führte durch Italien und durch das südliche Apulien. Immer trifft man in Apulien auf verlassene Klöster-gottverlassene Orte ist man versucht zu sagen, denn sie liegen gewöhnlich abseits der Zivilisation. Einst boten sie den Gotteskriegern auf ihrem langen Weg nach Palästina Unterkunft und erlebten in dieser Zeit ihre grösste Blüte. Ich stiess bei Peschici (Gargano/Apulien) auf die Gemäuer des uralten Klosters Santa Maria di Kilenà aus dem Jahre 872. Da konnte ich nicht einfach vorbeifahren, zu beeindruckend die alten Gebäulichkeiten hinter hohen Mauern! Sogar Barbarossa soll gemäss einer Legende hier einen traurigen Zwischenhalt eingeschaltet haben, um seine auf der Reise verschiedene Tochter zu beerdigen. Deren Kopf ruhe auf einem goldenen Kalb. Jahrhunderte lang suchten Einheimische nach diesem Schatz und wurden nicht fündig. Eigentlich ein gutes Omen für mich. Mein siebter Sinn könnte mir zustatten kommen. Ich hielt an und versuchte in das Klosterareal zu dringen, doch zugemauerte Türen und Barrikaden verwehrten den Eintritt. Seit dem 13. Jahrhundert findet hier kein Gast mehr Unterschlupf, auch ich vermochte mich nicht zu empfehlen. Einst machten in diesem Kloster vorallem Pilger halt, die einen der ältesten Wallfahrtsorte des Christentums im nahen „Monte Sant‘Angelo“ zu besuchen gedachten (heute übrigens ein Weltkulturerbe). Am dortigen Wallfahrtsort sollen einem auf einen Schlag alle Sünden vergeben werden, wenn man die Gruft des Erzengels Michael betritt. Auch das müsste mich eigentlich interessieren, mehr noch als der gesuchte Goldschatz...

Das Kloster selber wird heute leider dem Zerfall überlassen. Es beeindruckt dennoch mit seiner baulichen, romanischen Schlichtheit. Ich hielt vor der zugemauerten Türe inne, dachte an die Mühen des Reisens im frühsten Mittelalter im Bewusstsein, wie leicht ich heute über diese romantischen Wege gleiten darf. Die urbanen Landschaftsbilder erleichtern das Hineinfühlen in vergangene Zeiten, wo nicht das Klima, sondern höchstens das Reisewetter sich als Thema anerbot. 

Nach der Fahrt voller Eindrücke durch den Gargano überlegte ich vor den Ruinen stehend, wieviele Uhrahnen wohl zwischen mir und dem Gründungsjahr des Klosters oder dem Besuch von Kaiser Barbarossa das Ewige segneten. Es sind viele! In etwa so viele müssten es sein:


👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤👤Grossvater Dominik 1889👤Vater Harry 1917👤ich 1947👤 


Mit solchen Gesankenspielereien werden Reisen zu Erlebnissen und sogar der Bogen zu Geschichtsgrössen wie Kaiser Barbarossa ist gespannt...